Zwei Monate GIRASSOL

Eine prägende und schöne Lebenserfahrung!

Nach meinem Abitur wollte ich reisen und andere Länder und Kulturen kennenlernen und erleben. Also packte ich im Juli meine Koffer und flog zuerst für drei Monate in die USA. Danach ging es weiter nach Brasilien. Mein Ziel lautete São Paulo. Unser Familienfreund nahm mich bei sich auf. Über ihn bekam ich auch Kontakt zu Angelika Pohlmann und dadurch die Möglichkeit ein Praktikum im „Lar Social GIRASSOL" zu machen. Mein erster Eindruck von São Paulo war überwältigend. Ich saß im Auto unseres Familienfreundes und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus! Es war das erste Mal, dass ich in einer Stadt mit fast 20 Mio. Einwohner war.

Als ich am nächsten Morgen nach Grajaú ins Kinderheim GIRASSOL gefahren wurde, wurde mir zunehmend mulmiger zu Mute. Das Stadtbild veränderte sich immer wieder, die Wohnsituation wurde immer ärmlicher und die Hochhäuser verwandelten sich in "favelas". Zum ersten Mal in meinem Leben wurde mir auf unverblümte Weise der krasse Unterschied zwischen den Bevölkerungsschichten gezeigt. Ich sah Menschen, die aus ihren großen Häusern kamen und in ihre Autos stiegen und ich sah Menschen die aus ihrer „Backsteinhütte" auf die Straße traten, sich auf ihr Motorrad setzten oder sich zu Fuß auf den Weg machten. Als wir vor dem Tor zum Kinderheim standen, wusste ich nicht mehr, was ich erwarten soll und vor allem was mich erwartete. Doch alle Ängste und Zweifel verflogen im Nu, als ich von den Kindern begrüßt wurde.

Ich fühlte mich augenblicklich wohl im Heim. Die Anlage mit ihren drei Schlafhäusern, Küche und Essenraum, den vielen Bäumen, den kleinen Spiel- und Lernhäuschen erscheint neben alle den wild durcheinander und auf einander gebauten Häusern der "favela" wie eine Oase. Da ich bis zu diesem Zeitpunkt kein Wort Portugiesisch konnte, war es natürlich für alle eine ungewohnte und herausfordernde Situation. Doch trotz der sprachlichen Schwierigkeit wurde ich mit einer Herzlichkeit und Freude aufgenommen, die mir sehr dabei halfen mich einzuleben. Ich machte es mir zur Aufgabe mich um die Babies und Kleinkinder zu kümmern. Zweimal die Woche fuhr ich mit dem Bus, die anderen Tage wurde ich von Volontären mit zum Lar GIRASSOL genommen. Wenn ich morgens ankam half ich gleich beim Füttern der Babies. Wenn ich nicht mit den Babies Krabbeln übte oder sie badete, spielte ich mit den 3-5-Jährigen, malte mit ihnen oder packte alle 5 Kinder auf meinen Schoß.

Am Anfang wusste ich nicht genau wie ich mit den Kindern, die ein harmonisches Familienleben nie erlebt haben und es möglicherweise auch nie erleben werden, umgehen soll. Doch mit der Zeit schloss ich sie alle in mein Herz und freute mich über jedes lachende Gesicht über jede Umarmung. Es gab aber auch Tage an denen alles drunter und drüber ging. Tagen, an denen man nach dem Sinn seiner Arbeit fragte. Doch es gab immer wieder Situationen und Herzlichkeiten, die einem wieder zeigten, dass man gebraucht wird und dass man, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind, immer und überall hilft. Wenn man mit so vielen, individuellen charakterstarken Kindern zusammen arbeitet, sind es die kleinen Dinge, ein einfaches Danke, eine feste Umarmung, ein Lächeln, die einen motivieren, weiter zu machen. Ich hatte das Gefühl, wirklich gebraucht zu werden. Und es war mir eine große Freude zu helfen!Ich bewundere alle, ob Festangestellte oder Volontäre, die sich jeden Tag im GIRASSOL engagieren und versuchen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln den Kindern ein bestmögliches zu Hause zu geben.

Ich danke dem GIRASSOL, das mich mit Herzlichkeit und Wärme aufgenommen hat und es mir ermöglicht hat, ein ganz besonders Brasilien kennen zu lernen und zu erfahren. Ein Brasilien mit immensen sozialen Problemen, mit gewaltigen Klassenunterschieden, mit Kriminalität; aber auch ein Brasilien, das jeden, egal woher er kommt, offen empfängt und ihn Teil seiner Kultur werden lässt.

Mein Besonderer Dank gilt Angelika Pohlmann, die das Kinderheim „Lar GIRASSOL" ins Leben gerufen hat und die unermüdlich das allein von Spenden getragen Kinderheim weiter fördert und leitet. Ihr und allen freiwilligen Helfern/innen ist es zu verdanken, dass diese Kinder ein Ort haben, an dem sie unter besseren Bedingungen aufwachsen können.

Louisa Gabelmann

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