Eine Erfahrung fürs Leben!

Es ist jetzt beinahe vier Jahre her, dass ich bei Lar Social GIRASSOL als freiwillige Mitarbeiterin tätig war. Die wundervolle Website und das Durchblättern meines Fotoalbums wecken viele schöne Erinnerungen. Nach meinem Studium hatte ich den großen Wunsch, als Freiwillige, am liebsten in einem Kinderheim in Brasilien, zu arbeiten. Über die Familie Van Schaik bekam ich Kontakt zu Angelika Pohlmann, die es mir ermöglichte, im Juli und August 2001 auf freiwilliger Basis gut vier Wochen lang das Team von GIRASSOL zu unterstützen. Als ich am ersten Tag ankam, klammerten sich gleich ein paar kleine Kinder an mich und ließen mich nicht mehr los. Innerhalb weniger Tage lernte ich auch alle anderen Kinder kennen, große und kleine. Einige Kinder lebten schon Jahre, andere gerade mal eine Woche oder einen Monat dort, einige waren allein, andere wohnten gemeinsam mit ihren Geschwistern in GIRASSOL. Allesamt Kinder mit einer eigenen Geschichte, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr bei ihren Eltern oder ihrer Familie wohnen konnten. Einige waren eher zurückhaltend, andere kamen sofort auf einen zu, aber neugierig waren sie alle. Die Neugierde auf mich und mein Umfeld bestimmte deshalb in den ersten Tagen meinen Aufenthalt. Der herzliche Empfang durch die Kinder und die Mitarbeiter gab mir das Gefühl, willkommen zu sein. Mein Portugiesisch war laut der Kinder ungemein erheiternd und bei jedem kleinen Grammatikfehler schüttelten sie sich vor Lachen. Die älteren Kinder und die Mitarbeiter versuchten zum Glück, mir bei meinen Sprachproblemen zu helfen. Als Neuankömmling begreift man schnell, dass das Führen eines Kinderheims wie GIRASSOL eine enorme Aufgabe ist. Morgens werden die Kleinen aus dem Bett geholt und angezogen. Die größeren Kinder ziehen sich selbst an und machen anschließend ordentlich ihr Bett. Frühstücken, Zähne putzen und dann geht es in die Schule. Danach Mittagessen, Spielen, Duschen, Essen, Spielen oder Fernsehen, Zähne putzen und dann ins Bett. Ein Ritual, wie es jedes Kind in einer normalen Familie täglich erlebt, nur dass dies hier 50 Kindern gleichzeitig tun. Das bedeutet jede Menge Einkäufe, Berge von Essen kochen, Unmengen Kinderkleidung waschen und trocknen und viel Putzarbeit.

Da die "tias" (brasilianisches Wort für Tante - tia, bzw. Onkel - tio; so werden alle Mitarbeiter von den Kindern genannt) schon damit ausgelastet sind, die täglichen Arbeiten zu verrichten und die Kinder im Auge zu behalten, ging es vor allem darum, den Kindern besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Während meines Aufenthalts habe ich hauptsächlich mit ihnen gespielt, Gesellschaftsspiele gemacht, gebastelt, gemeinsam mit den Kindern die Spielzimmer aufgeräumt, und ihnen bei den täglichen Hausaufgaben in der kleinen Schule von GIRASSOL geholfen. Die Kinder haben diese besondere Aufmerksamkeit genossen, aber es war nicht immer einfach. Einige Kinder hatten Konzentrationsprobleme und fanden es schwierig mit den übrigen Kindern zusammenzuarbeiten. Andere hatten aggressive Phasen oder waren einfach nur sehr ruhig. Da die Kinder schon bereits früh viele traumatische Erlebnisse gemacht haben, war es manchmal schwierig mit ihnen in Kontakt zu kommen oder sie für die Projekte zu begeistern. Das macht deutlich, wie wichtig es ist, den Kindern Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken und ihr Vertrauen zu gewinnen. Dass sich die Kinder auch gut für ihre eigenen Interessen einsetzen können, zeigt sich in ihrem Enthusiasmus, ihrem Lerneifer und ihrer Neugierde. Die Kinder standen Schlange, um mit mir Memory zu spielen oder Giraffen und Elefanten aus Kartons zu basteln. Und natürlich wollten sie alles wissen: Tia Melisa, wo liegt Kolumbien noch mal? Nein, Joseline, ich komm nicht aus Kolumbien sondern aus Holland! Wie sieht Schnee aus? Ist Schnee wirklich so kalt? Sprecht ihr in den Niederlanden Chinesisch oder Englisch? Tia, wenn du hier wirklich nicht bleibst, wer bekommt dann dein Schlafzimmer, wenn du wieder nach Hause fährst? Und Tia, kannst du dafür sorgen, dass ich auch so einen Rucksack bekomme wie Tatiane, ich möchte auch so einen mit Rädern, den man wie einen Koffer benutzen kann? Ich habe versucht, allen Kindern die gleiche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Manchmal sehr aktiv mit kleinen Bastelprojekten, aber auch damit, einfach gemeinsam am Tisch zu sitzen und zu plaudern, mit allen zusammen fernzusehen oder ihnen Zuwendung zu geben, sie zu knuddeln und festzuhalten.

Wenn ich nun auf meine Zeit dort zurückblicke, kann ich nur sagen, dass ich großen Respekt vor der Einrichtung GIRASSOL und ihren Mitarbeitern habe. Sie ist ein wundervolles Kinderheim und zugleich ein „sicherer Hafen" für unterprivilegierte brasilianische Kindern, die dort eine sorgenfreie Kindheit und Jugend verbringen können. Sie erhalten viele Liebe und Aufmerksamkeit und werden dabei auf eine gute Zukunft vorbereitet. Ich war überrascht über das herrliche und gesunde Essen der Küche in GIRASSOL (zweimal täglich eine warme Mahlzeit, von den Köchinnen mit Liebe zubereitet!), die Liebe und das Engagement der Mitarbeiter, die für die Kinder überaus wichtige Ordnung und Regelmäßigkeit, die gepflegten Kinderzimmer, die die Kinder selbst aufräumen und sauber halten und die positive Atmosphäre, die trotz des Kummers der Kinder im ganzen Kinderheim zu spüren ist!

Letztes Jahr war ich wieder in Brasilien und habe natürlich auch bei GIRASSOL vorbeigeschaut. Es war beeindruckend, die Kinder und Tias wieder zu sehen, insbesondere die größeren Mädchen, mit denen ich viel Kontakt hatte. Ich habe auch eine Führung durch das neue Ausbildungszentrum bekommen, in dem auch die Erwachsenen aus der näheren Umgebung die Chance auf Weiterbildung in Form von Lese- und Schreibunterricht, Computerkursen und anderen Fachkursen bekommen. Ein großer neuer Sportplatz bietet den Kindern genügend Raum zum Fußball spielen und für andere Sportarten. GIRASSOL ist und bleibt ein großartiges Projekt. Großen Respekt habe ich vor dem Engagement von Angelika Pohlmann, die GIRASSOL gegründet und zu dem gemacht hat, was es nun ist! Angelika hängt mit ganzem Herzen an GIRASSOL und den Kindern und arbeitet täglich sehr hart, um den Betrieb des Kinderheims und des neuen Ausbildungszentrums in Gang zu halten und Gelder zu besorgen.

Meine Zeit bei den Kindern und Mitarbeitern von GIRASSOL war eine einzigartige Erfahrung! Was ich dort gesehen und gelernt habe, die Begegnungen, die Gespräche, der Kummer, die Freude, die Wünsche, Träume, Chancen und Möglichkeiten werde ich in meinem ganzen Leben nicht vergessen!

Ich hoffe von ganzem Herzen, dass GIRASSOL in Zukunft noch vielen unterprivilegierten Kindern eine sorgenfreie Kindheit und die Chance auf eine gute Zukunft bieten kann!

Herzliche Grüße,
Melissa Breedijk
Amsterdam, Holland

von Melissa Breedijk - 03.12.2005

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